Erlaubnis. Das Wort kommt so unschuldig daher und hat es doch verdammt in sich!
Denn meiner Erfahrung nach steckt hinter vielen Herausforderungen, Widerständen und Blockaden genau das:
Irgendetwas in uns wartet auf eine Erlaubnis.
Eine innere Wächterstimme raunt uns zu, dass wir etwas nicht machen dürfen oder dass „man das nun wirklich nicht tut“ oder dass es egoistisch ist, überhaupt so etwas zu denken. Oder so etwas in der Art.
Das Gemeine daran ist, dass diese innere Wächterstimme auf einer ganz besonderen Frequenz spricht,
oft kaum hörbar ist und doch so wirkungsvoll wie das unterschwellige tiefe Wummern in einem Kino-Film, wenn es fühlbar spannend oder unbehaglich werden soll.
Und damit sind wir schon beim ersten Weg aus der Erlaubnis-Falle:
Das klingt deutlich einfacher als es ist.
Viele hängen an bestimmten Punkten fest, kommen bei einigen Themen einfach nicht in die Pötte oder stehen sich selbst im Weg – und merken das zunächst eigentlich gar nicht.
Hier liegt die Chance in der Wiederholung – das Muster zu erkennen, wann genau es hakt und nicht weitergeht;
wenn ich an der immer gleichen Stelle scheitere oder wenn es in verschiedenen Themen knirscht, doch im Prinzip alles das Gleiche ist, nur in „anderem Gewand“.
Dann lohnt es sich in jedem Fall, ein bisschen genauer hinzuschauen und tiefer zu graben.
Und vor allem einmal die Möglichkeit ins Auge zu fassen, dass es ein Erlaubnis-Thema sein könnte.
Dass wir von irgendjemandem eine Erlaubnis brauchen, etwas zu tun.
Ist es als Erlaubnis-Thema identifiziert, kann ich ganz anders damit umgehen und nach einer passenden Lösung suchen.
Oft reicht dafür schon der zweite Weg:
Wenn ich schon einmal erkannt habe, dass es um ein Erlaubnis-Thema geht, ist das schon ein großer Schritt.
Denn dann kann ich realistisch bewerten, ob ich eigentlich wirklich eine Erlaubnis brauche.
Wenn nicht: Voilà – erledigt!
Wenn doch, dann sind wir schon beim dritten Weg – oft überlappen sich die Wege zwei und drei auch.
Denn wenn ich erkannt habe, dass ich eine Erlaubnis brauche, um etwas zu machen oder mich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten, dann zeigt sich oft auch schon die „Instanz“, von der ich die Erlaubnis brauche.
Und manchmal geht es auch wieder zurück zu Weg zwei: Ich bewerte noch einmal realistisch, ob diese Erlaubnis überhaupt nötig ist.
Denn oft schleppen wir alte Glaubenssätze aus unserer Kindheit mit uns herum, die überhaupt nicht mehr gültig sind.
Also zumindest bei meinen Eltern hat sich im Laufe der Jahrzehnte vieles relativiert, was ich in meinem inneren Regelkasten immer noch mit mir rumschlepp(t)e.
Ich durfte zum Glück auch schon einiges entsorgen, da es jedweder Grundlage entbehrte.
Nun sind ja aber nicht alle Mahnungen, die unsere innere Wächterstimme so von sich gibt, ohne Grundlage.
Es ist schon ein Unterschied, ob es sich um unnötige Vorsicht oder überholte moralische Schranken handelt oder ob es um ein gutes zwischenmenschliches Miteinander geht, das ja durchaus auch sozialen Normen und Regeln folgt.
Dass gerade Frauen oft die Regel verinnerlicht haben „Erst die anderen und dann ich“ oder „Erst wenn ich alles erledigt habe, darf ich an mich denken!“, werfe ich an dieser Stelle schon einmal rein, darauf komme ich später noch einmal zurück.
Denn in diesem Fall gibt es ja eher keine konkrete Person in meinem Umfeld, die ich nach einer Erlaubnis fragen könnte…
Gibt es diesen Menschen, dann sind wir schon bei Weg vier:
Wenn ich also das Gefühl habe, dass ich die Erlaubnis von jemandem brauche, um etwas zu tun, was ich ohne die Erlaubnis nicht machen kann, dann ist der wirklich einfachste Weg vier:
Ansprechen und/oder Fragen.
Und hier kann es zu überraschenden Antworten und Erkenntnissen kommen!
Ich hatte es an anderer Stelle schon einmal angedeutet:
Ab und an brauche ich die Erlaubnis von meinem Mann, mich aus dem Familienleben in meine Hamburger Wohnung zu verziehen.
Gerade am Anfang hatte ich damit ein großes Problem – schließlich sind wir ja Familie und ich lasse ihn dann mit dem Teenager-Stress hängen.
So zumindest mein Gefühl und meine innere Mahnung.
Doch dann haben wir darüber geredet und siehe da:
Seine für mich überraschende Antwort auf meine Bedenken war, dass er das voll verstehen könne und dass es für ihn sogar einfacher sei, wenn er sich nur um einen kümmern müsse, wenn die Hormone wieder im Alarmzustand sind, statt um zwei. Ich solle doch bitte gerne in die Wohnung ausweichen.
Ach.
Ich konnte das nach einem Perspektivwechsel dann auch nachvollziehen und hatte damit meine Erlaubnis, mich rauszunehmen und zu erholen.
Übrigens für alle Beteiligten tatsächlich eine gute Lösung.
Oder meine Freundin, die so gerne spazieren geht. Und ich eher nicht so, weil ich dann ja auch noch wohin fahren und wieder zurück muss, vom Ausgehfeinmachen mal ganz abgesehen und das noch an einem Tag, an dem ich auch noch anderes zu tun habe…
Mein „altes Ich“ wäre wahrscheinlich trotzdem raus.
Inzwischen sage ich das, wenn es mir eigentlich nicht so gut passt und ich lieber telefonieren oder zoomen würde.
Und auch hier: Kein Problem!
Im Gegenteil.
Sie sagte kürzlich, dass sie sich über meine klaren Ansagen freut.
Das sei ihr viel lieber, als das Gefühl, dass der andere Mensch eigentlich gerade gar nicht da sein will.
Es kann also sehr positiv für mich selbst und auch die anderen sein, wenn ich meinem eigenen Unbehagen Aufmerksamkeit und Raum gebe und es einfach anspreche.
Denn erst dann bekommt der andere Mensch ja mit, dass etwas klemmt.
Und erst dann gibt es einen Weg zu einer Lösung, die für alle Seiten gut ist.
Die eigene Erlaubnis.
Klingt schon wieder so einfach und ist doch alles andere als das.
Die eigene Erlaubnis ist einerseits eine Grundvoraussetzung für vieles und andererseits auch die Königsdisziplin, wenn es um die großen Themen der eigenen Existenz geht.
Finde ich zumindest.
Denn sie bedeutet, dass ich mich selbst wichtig nehme, meine eigenen Bedürfnisse erkenne und ihnen folge – und das auch, wenn es unbequem und schwer wird.
Es heißt, dass ich es mir erlaube, andere zu fragen oder um etwas zu bitten, weil ich selbst will, dass es mir besser geht.
Das ist der erste Schritt.
Die nächste Hürde ist für viele, sich zu erlauben, auch einmal „Nein“ zu sagen und ihre persönlichen Grenzen zu ziehen.
Oft ist die Angst groß, andere zu enttäuschen, nicht mehr gemocht zu werden oder als Egoist*in dazustehen.
Selbst wenn sich andere deswegen abwenden, wenn ich mir scheinbar Unerhörtes erlaube – sind diese Leute wichtig?
Und ist es nicht sogar viel besser, jemanden los zu sein, für den so etwas wertvoller ist als mein Wohlergehen?
Nach ein bisschen Übung stellte sich sogar die Überzeugung ein, dass ich viel besser meinen Platz im Gesamtgefüge finden kann, wenn ich authentisch und damit (be)greifbar für andere bin,
dass ich dann auch Menschen anziehe, die gut für mich sind
und dass ein glücklicherer und zufriedenerer Mensch besser für die Gesellschaft ist, als einer, der nur tut, was man eben so tut, ohne wirklich dahinter zu stehen.
Ich will diesen Artikel mit einer kleinen Anekdote schließen, und zwar mit meinen „Tagen der Erkenntnis“ vor einigen Jahren, dass hinter so vielem ein Erlaubnis-Thema steckt – auch bei mir:
Ich war gerade in einem Modul meiner Trauerbegleiter*innen-Ausbildung und kurz davor, meinen sicheren Job als Nachrichtenredakteurin aufzugeben. Ich hatte gute gesundheitliche Gründe, doch das alleine war es nicht, was das eigentlich Undenkbare möglich machte.
Schlecht ging es mir vorher auch schon oft genug.
Ich konnte das Ganze auch noch nicht wirklich verstehen. Die Kündigungsidee fühlte sich so gut an, obwohl es aus damaliger Sicht eigentlich Wahnsinn war.
Dann kam dieses Erlaubnis-Thema plötzlich auf die Agenda.
Ich wurde innerhalb weniger Stunden quasi mit Hinweisen bombardiert.
Abends sah ich mir ein Video an, in dem eine Coachin davon erzählte, dass sie ganz am Anfang Schwierigkeiten hatte, in ihre neue Berufslaufbahn zu starten. Bei einem Seminar wurde sie schließlich gefragt, warum sie bei dem, was sie alles könne, nicht in Aktion komme, was sie denn noch brauche – und sie antwortete ganz spontan und für sich selbst etwas überraschend: „die Erlaubnis“.
Und dann sei sie in Gedanken durchgegangen, von wem sie diese Erlaubnis eigentlich bräuchte – um dann festzustellen, dass nur sie selbst übrig blieb. Dann löste sich der Knoten und es ging los.
Fand ich hochspannend.
Da klingelte was in mir.
Am nächsten Morgen hatte ich dann einen Newsletter im Postfach mit dem Betreff „Gib Dir selbst die Erlaubnis“.
Und dann war ich mittags noch mit einer anderen Teilnehmerin essen, die mich fragte, als ich erzählte, dass ich wohl tatsächlich kündigen werde, ob es sein kann, dass ich mir das jetzt einfach mal erlaube.
Da hat es mich erst schon ein bisschen gerissen, dann ließ ich es kurz sacken und schließlich konnte ich antworten: „Ja, kann schon sein, sieht ganz so aus.“
Und es fühlte sich so verdammt gut an.
Ich gab mir selbst die Erlaubnis und holte mir mein Leben zurück, das im Lauf der Jahre immer weniger mir gehörte und zunehmend fremdbestimmt war.
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